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Vom Flintstein zum Laser

Entdeckergeist, aber auch Zufälle prägen die Geschichte der Medizin. Noch im Mittelalter bohrten Mediziner ihren Patienten den Kopf auf, um sie von Dämonen zu befreien. Erst das 19. Jahrhundert brachte große Fortschritte in der Chirurgie sowie in der Diagnose und Therapie von Krankheiten. Wir haben uns mit den Chefärzten des JHW über medizinische Errungenschaften der vergangenen 175 Jahre unterhalten.


Entdeckergeist, aber auch Zufälle prägen die Geschichte der Medizin.


 

Bereits um 2.000 vor Christus hatten sich die Menschen mit Werkzeugen an anderen Körpern zu schaffen gemacht. Steinzeitmenschen wie Ötzi schnitten nachweislich mit Flintsteinmessern in die Kopfhaut ihrer Gefährten. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten Chirurgen mit der auswechselbaren Einwegklinge immer ein scharfes Instrument zur Hand, das nach dem Gebrauch weggeworfen werden konnte. Heute schneiden moderne Laser schonend und präzise wie ein unsichtbares Skalpell, ohne große Verletzungen oder Narben zu hinterlassen. Wenn das Ötzi wüsste …!

Schludrig und schmerzhaft verliefen Operationen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein. Mehrere Männer fixierten den Patienten, der auf ein Stück Holz biss und von Glück reden konnte, wenn er vor Schmerz und Schreck ohnmächtig wurde. Erst das Jahr 1846 markierte eine Zeitenwende: Der Zahnarzt William Morton demonstrierte am Massachusetts General Hospital in Boston die erste schmerzausschaltende Narkose mit Schwefeläther, als er einem betäubten Patienten einen Zahn zog. Die Anästhesie verbreitete sich in rasantem Tempo und läutete den Siegeszug der operativen Medizin ein, der ohne die bahnbrechende Entdeckung von William Morton unvorstellbar gewesen wäre. Heute dämmern weltweit die Patienten auf OP-Tischen vor sich hin, während Chirurgen die komplexesten Eingriffe an ihnen vornehmen. 

Ebenfalls 1846 beobachtete Ignaz Semmelweis ein erstaunliches Phänomen: Mütter in Hebammen-­Abteilungen starben seltener an Kindbettfieber als in Abteilungen mit Ärzten und Studenten. Der Grund klingt nach heutigen Maßstäben banal: Die Ärzte wuschen sich nach Autopsien oft nicht die Hände und infizierten Schwangere und Mütter mit Krankheitserregern. Sie brachten den Tod vom Seziertisch mit. Semmelweis forderte seine Kollegen auf, sich die Hände mit Chlor zu desinfizieren. Von einem Monat auf den anderen starben deutlich weniger Mütter an Kindbettfieber als zuvor. Der ungarische Assistenzarzt ging als „Retter der Mütter“ in die Annalen ein. Die neue „Hygienelehre“ zeigte weitreichende Wirkung und wurde nur wenige Jahre später von Sir Joseph Lister verfeinert. Der britische Mediziner fand heraus, dass in der Luft enthaltene Keime Wundeiterung verursachen. In der Folge wurden das gesamte Operationsfeld, alle Instrumente und Verbände desinfiziert. Die Patientensterblichkeit nahm rapide ab. Semmelweis und Lister gelten bis heute als Mitbegründer der Antiseptik. 

Bei schweren Verletzungen ist Eile geboten – damals wie heute. Um 1850 wurden Verletzte und Erkrankte noch per Kutsche ins nächstgelegene Hospital gebracht. Ab den 1920er Jahren gab es zwar motorisierte Rettungswagen – diese dienten aber nur dem Transport. Die Modelle von heute sind deutlich schneller und besser ausgestattet unterwegs. 24 Stunden täglich sind sie im Einsatz, verfügen über modernste Technik und Medikamente und ermöglichen eine umfassende notfallmedizinische Erstversorgung.

Der Mensch von innen

1895 umhüllte Wilhelm Conrad Röntgen seinen Versuchsapparat in Würzburg mit schwarzem Papier. Das Labor hatte er abgedunkelt. Der Physiker griff an die Apparatur – und sah plötzlich seine eigenen Fingerknochen durch die leuchtende Platte. Die Entdeckung der „mysteriösen, unsichtbaren Strahlen“ verblüffte und verunsicherte das Publikum, schien sie doch dem Leben selbst das Geheimnis zu nehmen, weil sie den Menschen als „biologische Maschine“ entlarvte. Gleichwohl revolutionierten die Röntgenstrahlen die Diagnostik. Ärzte weltweit eiferten Röntgen nach und durchleuchteten ihre Patienten. Schon bald setzten Mediziner die Technik routinemäßig ein, um Knochenverletzungen, aber auch bakterielle Erkrankungen wie die damals häufig tödlich verlaufende Tuberkulose zu erkennen. Die heutigen Röntgenverfahren liefern extrem scharfe Bilder und erleichtern die Früherkennung von Krebs, Alzheimer, Osteoporose und anderen Erkrankungen.

Schimmelpilze retten Leben

Schimmel bescherte Alexander Fleming 1929 einen Zufallsfund, der Millionen Leben retten sollte. Der schottische Forscher hatte Bakterien angezüchtet, sogenannte Staphylokokken, die beispielsweise bei einer Lungenentzündung vorkommen. Bevor es für ihn in den wohlverdienten Urlaub ging, hatte er vergessen, ein paar Petrischalen zu entsorgen. In den kleinen Gläschen bildeten sich Schimmelpilze – aber keine gewöhnlichen. Rings um den blaugrünen Pilz waren keine Staphylokokken mehr zu sehen, denn der Schimmelpilz hatte alle Bakterien abgetötet. Fleming justierte sein Mikroskop, schaute genauer hin und stellte fest, dass der Pilz der Gruppe Penicillium Notatum angehört. Der Schotte veröffentlichte seine Erkenntnisse in zahlreichen Fachzeitschriften. Er entwickelte aus der Substanz einen neuen Wirkstoff, den er Penicillin taufte. Das neue Wunderheilmittel war das erste moderne Antibiotikum und veränderte die Welt und die Medizin. Es half, bakterielle Infektionskrankheiten wirksam zu bekämpfen und steigerte die durchschnittliche Lebenserwartung um satte zehn Jahre.

Auf den Zufall wollte sich Werner Forßmann nicht verlassen, als er ebenfalls im Jahr 1929 zum Selbstversuch schritt. Der deutsche Urologe und Chirurg hatte ein Faible für verrückte Experimente – so auch diesmal. Er betäubte seinen linken Arm, ritzte sich die Haut auf und führte sich einen Gummischlauch, einen Katheter, wagemutig 65 Zentimeter bis in die rechte Herzkammer ein. Es funktionierte. Forßmann hatte den direkten Weg zum Herzen gefunden. Ohne Komplikationen. Als Beweis machte er eine Röntgenaufnahme. Etwa ein Jahrzehnt später hielten Herzkatheteruntersuchungen Einzug in die klinische Praxis. Seitdem können schwerwiegende Erkrankungen des Herzens, der Herzklappen oder der Herzkranzgefäße sichtbar gemacht werden.

Operationsräume, wie wir sie kennen, kamen erst mit den Krankenhäusern im 19. Jahrhundert auf. In der Folge erzielte die Technik große Fortschritte. Auf den beiden Bildern sieht man Szenen aus dem Josephs-Hospital – 1978 und 2018. Heute verfügen die OPs unter anderem über 3D-Bild­gebungsverfahren, LED-­Beleuchtung und modernste Anästhesietechniken.

Erfolg in Zahlen –
Das Josephs-Hospital im Wandel der Zeit

Von A wie Anästhesie bis Z wie Zentrale Notaufnahme: Seit 175 Jahren gilt das Josephs-Hospital als bewährter und anerkannter Partner in Gesundheitsfragen in der Region Warendorf. 1843 als Heilanstalt gegründet, hat sich das JHW im Verlauf seiner Geschichte zu einer hochmodernen Klinik entwickelt – ein Zahlenvergleich zwischen damals und heute.

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